Klein Mythen - Dure à Cuire (7b)

Am Vorabend waren wir an der Sockelwand des Klein Mythen den Dreamliner (6c+) geklettert und dadurch bereits vor Ort für Dure à Cuire (7b), was auch angesichts der Gewittermeldungen für den Nachmittag vorteilhaft war. Mit diesem Doppelpack konnten wir das kurze Wetterfenster optimal nutzen und hatten dann sogar noch genug Zeit und Sonne um uns im Lauerzer-See zu erfrischen. Der Kochkurs, den man in der Dure à Cuire erhält, ist ein recht sportliches Unternehmen, das einen vielseitig fordert. Noch in guter Erinnerung hatte ich die erste freie Begehung mit Marcel vor einigen Wochen, bei der ich für meinen Teil noch kein Leiberl hatte. Dementsprechend gespannt waren Dave und ich wie es diesmal laufen würde!

Diesmal machten wir beim Zustieg keinen Fehler, trotzdem schwitzen wir ziemlich in der für 8 Uhr morgens doch recht warm-feuchten Morgenluft. Immerhin sollte uns damit im Schatten der bevorstehenden Westwand nicht allzu kalt werden.

Sonnenuntergang am Top nach der Erstbegehung mit Marcel

L1 6b+
Der Einstieg befindet sich wenige Meter links des Dreamliner und ist schön mit roter Farbe beschriftet. Die ersten Meter sind wie die restliche Länge merkbar brüchig, sodass man sich besser mit Vorsicht bewegt. In der Tat trat Dave aus Versehen am Ende der Länge beim letzten BH einen Brocken los, der dann auch ziemlich genau Richtung Einstieg flog. Dafür ist die Absicherung in dieser Länge auch recht gut ausgefallen, die Abstände sind nicht viel weiter als im Dreamliner. Die Schwierigkeiten findet man in Form von zwei steileren Wandstufen, wobei die Grifffindung etwas unübersichtlich ist. Zuletzt hält man etwas nach rechts um zum Stand zu gelangen, wobei auf den letzten Metern öfters noch Erde von den Graspolstern oberhalb liegt.

Etwas durchzogener Start zu Beginn von L1 (6b+)

L2 6b
In dieser Länge schaltet man einen Gang zurück und begibt sich auf plattigeres Gelände, welches trotzdem mit allerlei Griffchen und Löchern garniert ist. Der Abstand zum ersten Haken zeugt vom Schwung, den der Erstbegeher wohl aus der ersten Länge mitgenommen hatte. Bevor man clippen kann, muss noch ein kleiner Mantle absolviert werden, aber geht schon. Und obwohl diese Länge deutlich kompakter ist als L1, so ist auch hier leider nicht alles fest, das fest aussieht (vor allem zu Beginn). Am Weg von BH1 zu BH2 war ich ziemlich überrascht als sich plötzlich ein ~5kg Brocken löste, glücklicherweise hielt der Fuss und ich konnte das Teil kontrolliert entsorgen...Die Crux befindet sich gefühlt am Ende der Länge, wo einen zwar tolle Löcher, aber sonst nur rutschig-glatter Fels erwarten. Es gäbe hier einen Riss, aber der ist leider (noch) vom Kraut besetzt, sodass für die Finger kein Platz bleibt.

Dave am Ende von L2 (6b), seine linke Hand in einem der tollen Löcher hier.

L3 7a+
Könnte man nur eine Länge an dieser Wand klettern, so wäre es mit Sicherheit dieser Monster-Pitch! Es wartet ein wahres Feuerwerk an diffizilen Moves, das einen vom ersten bis zum letzten Meter unter Hoch-Spannung hält. Zuerst geht es in ausnahmsweise rauhem Kalk an einigen Leisten und Schuppen relativ gemässigt los bis man ein markantes Dächli erreicht, das man mit einem kreativen Kneebar überlisten kann. Danach folgen ein paar sloprig-henkelige Griffe, die einen irgendwie zum Verweilen einladen, aber so richtig gut sind sie doch nicht, sodass man am Besten bald rechtshaltend weitersteigt. Sobald man rechts-oben den nicht ersichtlichen Seitgriff, der nach rechts zeigt, gefunden hat, kommt man nochmals an eine pumpige Stelle, nach der aber eine gute Pause kommt. Hat man die Ouvertüre geschafft warten noch weitere 5-6 Boulderprobleme, die jeweils durch recht gute Schüttel-Punkte aufgelockert sind. Meist besteht die Schwierigkeit darin die besten Griffe zu finden und dann entschlossen mit den Füssen auf Reibung anzutreten. Die gefühlte Crux war für uns ca. in der Mitte wo es gilt von Seitgriff-Crimps mit den Füssen in der Wand an einen weiteren Pinch-Crimp zu gelangen. Danach folgt ein kleiner runout, der aber an guten Schuppen überwunden wird. Generell ist die Absicherung angesichts der Steilheit bedenkenlos, aber doch auch zwingend, man muss sich hier den nächsten Haken schon erkämpfen. Manchmal sind die Placements auch etwas hoch geraten (zb nach den besagten Schuppen), was für die Meter danach zwar gut ist, aber beim clippen etwas mehr Kraft braucht (sofern die Exen noch nicht hängen...). Vor dem finalen Bauch (unter dem man durchquert) wartet nochmals eine knifflige Stelle, für die wir diesmal aber eine deutlich bessere Methode entdeckt haben. Die Querung bringt einen auch nochmals ins Schwitzen, da die Tür ordentlich aufgeht, während die Füsse auf Reibung stehen. Cool bleiben, geht scho! ;)

Hammer hart! Im Monster-Pitch (L3 7a+) muss man alle Register ziehen!

L4 7a
Eigentlich wär ich nun dran gewesen zum Vorsteigen, aber ich war noch so gepumpt vom Nachstieg der Länge zuvor, dass Dave dankenswerterweise nochmal voranging. Denn ich wusste noch vom letzten Mal, dass gleich zu Beginn eine fiese Stelle über einen Felsbauch wartet, die mir damals schon nicht geschmeckt hatte. Obwohl man mit dem Fuss in einem grossen Loch steht, hängt man mit den Händen ziemlich fest an einer stromfressenden Sloper-Seit-Leiste von der aus man auch noch clippen muss...gelingt dies, ist man danach natürlich top gesichert, gelingt dies nicht, steht einem ein etwas unangenehmer Abgang in den ersten Haken bevor...Auf jeden Fall hält man sich am Besten nicht lange an dieser Sloper-Leiste auf, sonst kommt man erst recht nicht drüber, denn sowas wie Tritte sucht man am Bauch vergeblich. Danach folgt immerhin wieder Pausen-Gelände, das man vielleicht auch in direkter (einfacherer?) Linie ohne den Bauchtanz erreicht haben könnte. Aber vielleicht hatte man hier etwas Angst vor Wasserstreifen aus dem Dach oberhalb. Hat man sich nach diesem sportlichen Start gesammelt, geht es nun ans Gusto-Stück dieser Länge: Zuerst gewinnt man griffig die steile Verschneidung, bevor es dann an/um die Kante ans Eingemachte geht (hier wäre es wahrscheinlich auch einfacher gewesen weiter der Verschneidung entlang zu gehen, aber das wurde wohl aus ähnlichen Gründen wie zuvor verworfen). Kann man vor der Kante noch halbwegs gut an einem Riss seine Kräfte sammeln, so braucht man diese dann auch in Maximalform: An die Kante links hochgreifen, mit rechts einen Seit/Untergriff schnappen, nachsteigen, mit links an ein (kleines!) 1.5-Finger Loch, am besten mit dem Ringfinger, nachsteigen, stabil positionieren und dann brutal mit rechts an eine sloprige Leiste, nachsteigen, Fingerloch auf Untergriff nehmen und das letzte bisschen an Höhe gewinnen, um endlich an den Stand zu gelangen. Puuh! Als Einzelstelle fanden wir diese Sequenz schlussendlich doch merkbar härter als die Boulder in L3 (7a+), auch der Boulder an der Sloper-Leiste zu Beginn steht dem pumpigen Start von L3 kaum nach.

Bauch an Bauch am Start von L4 (7a).

L5 6b+
Tolle Länge an deren Beginn man sich besser etwas rechts hält um den griffigen Riss zu erreichen. Danach geht es weiter rechtshaltend an allerlei schönen Rissen, bis man zur Kante kommt, die man sich schlussendlich mit dem Dreamliner und der Paul-SW-Kante teilt. So richtig schwer wirds eigentlich nie, aber eben auch nicht so richtig leicht, ein bisschen Einsatz ist immer wieder gefordert.

Cooler Start an Rissen in L5 (6b+)

L6 Gehgelände
Falls man sich noch die 7b Abschluss-Länge an der NW-Kante des Peters geben will, geht man unschwierig ca. 30m zum hinteren der beiden Felstürme.  Für uns war aber diesmal der logische Endpunkt bereits beim Gipfelbuch erreicht, in das wir uns vor dem Abseilen über den Dreamliner noch gern eintrugen.

L7 7b
Obwohl wir uns diesmal diese Zusatz-Länge gespart hatten, konnte ich sie bei der Begehung mit Marcel zumindest mal befühlen. Der erste Teil bis auf die Stufe vor der Kante präsentiert sich mit athletisch-weiten Zügen noch an halbwegs anständigen Griffen (sobald man sie gefunden hat), aber die Kante danach ist für mein Empfinden grausam schwer. In südlicher Richtung hätte sich stattdessen eine recht einladende Rissverschneidung angeboten, aber die war wohl zu wenig kühn und direkt ;) Auch mag ich mich erinnern, dass das clippen an der Kante nicht gerade einfach war, sodass man bei einem Sturz zwar harmlos, aber recht schwungvoll ins Nichts pendelt.

Weils so schön war: Noch ein Eindruck vom Start in L3 (7a+)

Kurzgefasst

Klein Mythen - Dure à Cuire 7b (6c obl.) - 7 SL, 210m, M. Dettling 2018/19
Material: 2x50m Seil, 12 Express

Das neuste Werk von Marcel Dettling an der Sockelwand des Klein Mythen richtet sich vor allem an die sportlicheren Kletterer (bzw. jene, die daran arbeiten). Ohne Strom in den oberen Extremitäten und Vertrauen in die unteren steht man wohl spätestens in L3 (6c obl.) an, da die Absicherung zwar ziemlich safe ist, aber trotzdem noch ein beherztes Voraussteigen erfordert.

Dafür wird man im Monster-Pitch von L3 (7a+) wohl mit einem der besten Stückchen Fels an dieser Wand belohnt, dessen Durchstieg, neumodisch formuliert, einfach nur geil ist!

In L4 (7a) hätte man sich vielleicht eine einfachere Linie suchen können, aber ob sie dann besser gewesen wäre, who knows...die Linie passt auf jeden Fall sehr gut ins sportliche Konzept dieser Tour.

Unter sportlich fällt wohl auch die überhängende Kante in der letzten Länge L7 (7b), vielleicht wird ja eines Tages noch die etwas gemütlichere Variante entlang der hübschen Rissverschneidung erschlossen ;)

An dieser Stelle sei nochmals auf die erhöhte Steinschlag-Gefahr an dieser Wand hingewiesen, noch wurden in dieser jungen Tour nicht alle Griffe und Tritte "getestet", vor allem in L1 bzw. am Anfang von L2. Auch beim Abseilen über den Dreamliner trifft man immer wieder auf lose Steine, die nur darauf warten ausgelöst zu werden! Wir haben zwar jene die wir gesehen haben "entschärft", aber dabei werden wir wahrscheinlich nicht die Letzten gewesen sein.

Ausführliche Informationen findet man in Marcels ursprünglichem Bericht von der Erstbegehung.

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