Klein Mythen - Dreamliner (6c+)

Freitagnachmittag 15 Uhr, was liegt da noch drin? Die Route Dreamliner (5 SL, 6c+) hält die Antwort parat: Eine Stunde Fahrt von Zürich, 40min lockerer Zustieg und Sonne bis Ladenschluss dank westlicher Ausrichtung. Zusätzlich bietet diese kurze, aber homogene Feierabend-Tour durchgehend griffig-steilen Fels und vom Top geniesst man das eindrückliche Panorama über Schwyz und Umgebung. Lediglich den Helm sollte man auf keinen Fall vergessen, denn an der Sockelwand vom Klein Mythen kommt es vermehrt zu Steinschlag, insbesondere wenn auch noch andere Seilschaften am Werk sind.

Herrlicher Ausblick auf den Vierwaldstättersee und den Lauerzersee. 

Die Zufahrt auf der Loostrasse zum Parkplatz bei Rätigs (P. 956) windet sich eng und steil hinauf, sodass man hoffentlich nicht zu viel Gegenverkehr hat. Wie bereits anderswo beschrieben gelangt man von dort in ca. 40min zum Einstieg auf einer Höhe von 1300m (47.035867° N 08.679999° E).

Die Klein-Mythen Sockelwand

Um das Thema Steinschlag nochmals aufzugreifen: Während wir am Einstieg dabei waren uns parat zu machen, schlägt plötzlich und ohne Vorwarnung ein Brocken gross wie eine Zuckermelone zwei Meter neben uns ein. Zwei Burschen in Abenteuer-Outfit wollten scheinbar das Abseilen üben und hatten dabei oben am Ausstieg die besagte Bombe ausgelöst. Absolut unverantwortlich war es jedoch die Gefahr nicht lautstark ("Stein!!!") anzukündigen, wie es bei solch einem Fehler (der leider passieren kann) absolut notwenig ist. Auch sollte man sich eigentlich bereits im Vorfeld darüber Gedanken machen ob das Gelände zum Üben des Abseilens geeignet ist, vor allem wenn man die nötige Erfahrung erst sammelt. Ansonsten bringt man sich und andere in ernsthafte Gefahr!

L1 6b
Nachdem wir den "Anschlag" beim Einstieg heil überstanden hatten konnten wir uns der recht kompakten ersten Länge widmen. Zuerst muss man sich noch etwas an den relativ reibungsarmen Kalk gewöhnen, was bei dem üppigen Griff- und Trittangebot aber ganz gut geht. Ausserdem unterstützt die tolle Absicherung das stressfreie Steigen, die Haken sind eng gesetzt und die Linie gut gewählt (lediglich der dritte Haken steckte hier etwas abseits).
Bis auf eine etwas kräftigere Stelle nach ca. einem Drittel präsentiert sich diese Länge recht gutmütig. 
  
Griffig, steil und bestens abgesichert in L1 (6b)

L2 6c+
Sieht der Beginn noch recht gemühtlich aus, so erahnt man weiter oben bereits die Schlüsselstelle und so kommt es dann auch: Der Grossteil dieser Länge ist relativ einfach, bevor die Wand im oberen Drittel aufsteilt und die Griffe plötzlich nurmehr nach unten oder zur Seite zeigen. Auch die Haken sind schön links im Fels gesetzt, sodass ein Ausweichen nach rechts zumindest erschwert wird. Dadurch ist es bei der Crux nicht ganz klar welche Linie einen am einfachsten zum Erfolg führt, ein Umstand, der auch hier bereits bemerkt wurde. Über die Haken bzw. leicht links davon geklettert war diese Stelle für uns auf jeden Fall der Knackpunkt der Tour.

In der Crux am Ende von L2 (6c+).

L3 6c+
Super Länge: steil, anhaltend und abwechslungsreich bewegt man sich hier griffig durch besten Fels. Zuerst kann man an coolen Rissen seine Jamming und Locking Techniken auspacken bevor ungefähr in der Mitte der Länge ein deutlich links gesetzter Haken eine kurze, aber spannende Querung ankündigt. Dazu bleibt man am besten tief genug, sodass man die nicht zu übersehende Trittleiste linkerhand erreicht. Danach folgen noch ein paar Moves an vernünftigen Leisten, bevor man das Finale an henkeligen Schuppen bestreitet. Obwohl insgesamt anhaltender als L2, fehlt es dieser Länge an der definitiven Crux, sodass sie uns etwas leichter von der Hand ging.

Fast überhängend und athletisch: L3 (6c+)

L4 6b+
Schöne Länge, wobei die ersten zwei Drittel gutmütig daherkommen und vor allem das Finale an der steilen Kante zum Stand die Herausforderung darstellt. Hier sind die meisten Griffe mal etwas sloprig ausgefallen und die Haken ziehen einen wie in L2 nach links ins steile Gelände, weg von der flachen Seite der Kante. Je nachdem wie schwierig man es sich machen möchte, wendet man sich stellenweise doch lieber etwas nach rechts...


Immer der Nase nach in L4 (6b+), die Länge
geht entlang der Kante (Mitte des Felshorizonts)
L5 6b+
Zum Abschluss darf man nochmal raus an die grosse Kante zum "auslüften". Dies fällt dank der äusserst grosszügigen Ausstattung mit positiven Griffen und Schlitzen auch recht entspannt aus, es ist wirklich eine Freude von einem guten Griff zum nächsten zu turnen. Lediglich zu Beginn muss man zuerst den Fuss und dann sich selbst mal etwas höher hieven und irgendwo hatte es dann noch einen Blockierzug, aber nichts Wildes. Nur weiter oben an der Kante sieht man plötzlich keinen Haken mehr auf der rechten Seite, sodass wir dort den Haken links gefolgt sind. Ganz klar war uns die Linie an dieser Stelle nicht, aber früher oder später münden sowieso alle Linien ineinander (Paul SW-Kante, Dure à Cuire), sodass immer genug Bohrhaken den Weg zum Top weisen.

Blick zurück in L4 (6b+), man sieht gut die flache Seite der Kante.

Für den Abstieg seilten wir über die Route ab, was mit nur drei Stationen recht flott geht. 
Wir hatten schlussendlich car-to-car fünf Stunden gebraucht, allerdings hatten wir es recht gemühtlich genommen und relativ lang am Top verweilt, zusätzlich hatten wir beim Zustieg und beim Abseilen jeweils einen Verhauer. Für die Kletterei selbst hatten wir in etwa 2:15 Stunden.

Dave am Wurzel-Stand nach L5 (6b+).

Kurzgefasst

Klein Mythen - Dreamliner 6c+ (6a obl.) - 5 SL, 150m, 2017
Material: 2x50m Seil, 12 Express

Sehr schöne Feierabend-Tour, die mit einer geraden, homogenen Linie durch die steile Sockelwand des Klein Mythen führt. Die Absicherung ist bestens und die Schwierigkeiten eher auf der milden Seite, allerdings bieten sich für einige Stellen auch verschieden schwere Lösungen an. Die Lage der Wand besticht ausserdem durch einen super Rundblick auf die Gegend um Schwyz. Der Zustieg hält sich im Rahmen, aber unter einer halben Stunde wird man es ohne gehörig zu schwitzen kaum schaffen. Einziges Manko ist die erhöhte Steinschlaggefahr, die nicht von der Hand zu weisen ist, u.a. weil die Route noch relativ jung ist und bis jetzt nicht übermässig oft begangen wurde. Man kann nur hoffen, dass alle losen Brocken im Laufe der Zeit schadlos entsorgt werden können.

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