Scaladri - Fantasia (6b+)

 Wie bereits letztes Jahr konnten Miri und ich unsere gemeinsame MSL Saison auch heuer wieder Ende Februar im Tessin eröffnen. An früherer Gelegenheit mangelte es nicht, aber Miri hatte sich vor knapp zwei Wochen unglücklicherweise den Ringzehen ausgerenkt. Dieses Malheur machte zunächst sogar nur das Tragen von Kletterschuhen schmerzhaft. So mussten wir unseren Trip etwas aufschieben und leider kam so auch die lange Trockenperiode am Tag vor unserer Begehung zu einem Ende und bescherte der Gegend ca. 1mm Niederschlag. Dies kann für den talnahen, westlich ausgerichteten Scaladri mit seiner üppigen Vegetation durchaus ein Problem sein. Jedoch war es vorher lang trocken und die Graspolster dementsprechend aufnahmefähig und das Wetter am Tag danach versprach sehr sonnig und warm zu werden. Ohne Notwendigkeit früh einsteigen zu müssen reisten wir am selben Tag von Zürich an und machten uns am Wandfuss mit der ersten Sonne parat. Obwohl der Boden durchwegs nass war, schien der Fels im Grossen und Ganzen trocken.

Ausblick auf den oberen Teil des Scaladri am Austieg der Fantasia.

Die Route Fantasia startet wenige Meter rechts von Taroc und kann vor allem anhand der vielen Bolts identifiziert werden.

L1 5b

Über die einfache Rampe zum ersten Bolt, kurz darauf interessante Stelle an einem Fingerriss. Danach gut strukturierte, homogene Platte die aber wegen ihrem Belag und der Nässe noch recht glitschig war. Die Bolts stecken leider etwas kreuz und quer und vielmals zu tief.

L2 6a+

Plattige Rampe in der Verschneidung zum Zwischenstand (ausgelassen). Unübersichtlicher Boulder über die steile Kante, Haken steckt suboptimal tief. Danach ziemlich knifflige, anhaltende Platte, da kam ich durchaus ins Schwitzen…Miri fands dann gar nicht so schwer 😂 Stand extrem unlogisch in der Platte, besser am Baum am Band Stand machen.

L3 5c

Anregender Einstieg in die kompakte Wand, danach schöne Plattenkletterei zum Abseilstand. Nach einem etwas obligatorischen Schritt geht man hier hart nach rechts, kurz auch im Gras. Danach etabliert man sich für den finalen Quergang wieder in der Wand. Leider stecken die Haken wieder etwas beliebig, sodass auch der Nachsteiger auf seine Kosten kommt.

L4 6b+

Plattig siehts aus und plattig kommts! Zunächst löst sich alles noch recht kommod auf, bevor ein harter Spreizer nach links Körperspannung, Beinkraft und das Dübeln einer Minileiste abfragt. Kurz darauf dann nochmals ein kleiner Sprung an eine gute Leiste wo vor allem Entschlossenheit gefragt ist. Die V-Verschneidung zum Stand klettert sich dann recht lässig.

L5 6b

Statt der 4c+5c Originallinie klettern wir die neue Variante, die links ansteigt und weiter oben die grosse Verschneidung ansteuert. Dabei wird eine andere Route gekreuzt. Knifflig gehts an abschüssigen Flächen in die Wand, danach einfacher an einigen hohlen Schuppen. Etwas brösmelig ist es öfters auch noch, aber geht schon. Die Verschneidung mit dünnem Riss dann super, bevor einen die Bolts plötzlich ziemlich unlogisch wieder in die Platte locken. In der Tat ist das Gestein in gerader Linie nicht überall eisenfest, aber mehr als ausreichend allemal. Auch machte es den Anschein, dass ein wichtiger Tritt in der Platte nicht ganz natürlich zu Stande gekommen war…und zu guter letzt müsste man 2 bolts klippen, die fernab jeder vernünftigen Seilzugüberlegung stecken. So kletterte ich etwas runout geradeaus, was tiptop aufging. Die letzten Meter Wandkletterei sind dann nochmals schön inklusive anregendem Mantle aufs Band. Insgesamt dünkte uns die Bewertung hier recht soft, eher 6a vielleicht?

L6 6a+

Vom Band weg gehts gut strukturiert in die Wand bis zu einem interessantem Aufsteher. Nach einem weiteren Band folgt eine typisch knifflige Platte, die im weiteren Verlauf abflacht und so einfach den Stand erreicht. Lange Länge!

L7 5c+

Über einige Stufen und Aufschwünge erreicht man unschwer einen imposanten Felsbuckel. Zwecks besserer Seilführung hab ich einige Bolts ausgelassen. Der Buckel ist dann zwar steiler, aber dafür mit griffigen Henkel-Crimps garniert.

L8 5c+

Zuerst etwas nach links verschieben um den steilen Riss zu erreichen. Dieser ist dann gar nicht mal so einfach, die richtigen Techniken machen sich hier bezahlt. Oberhalb gehts ins flache Gelände zu einem unbequemen Stand, den ich übersprang.

L9 5b

Klassische Plattenschleicher-Länge auf rauem, aber ziemlich strukturlosem Parkett. Ich kann mir vorstellen, dass einige Wiederholer meine Meinung teilen werden, dass diese Länge sich eher unterbewertet anfühlt. Aber wirklich schwer ist es ja auch nicht…der Seilzug hats auf jeden Fall nicht besser gemacht 😅 Sehr schöner Fels auf jeden Fall!

L10 6a+

Hier führen drei Linien hinauf, wir steigen ganz rechts ein und attackieren den Fingerriss dort. Vorsicht, manche Quarzflecken hier machen jeder Dual-Texture Konkurrenz! Nach ein paar einfacheren Zügen an Schuppen und etwas Piazen gibts nochmals einen knifflig-plattigen Ausstieg.

L11 6a

Zum Abschluss nochmals tolle, homogene Plattenkletterei mit so manch sloprigen Griff. Doch sobald man die grosse abstehende Schuppe erreicht ist die Sache gegessen und der Ausstieg aufs Band erreicht.

Fantasia xxxxx/****

Durchgehend schöne und lohnende Kletterei mit gemässigten und eher kurzen Schwierigkeiten. Die Absicherung ist sehr eng, bis auf einige wenige Ausnahmen, die aber kaum ins Gewicht fallen. Mühsamer ist dafür leider oft die Seilführung und einige Haken würde man sich zum Freiklettern gern höher wünschen. Die Haken wurden wohl recht konsequent so gesetzt um die Schwierigkeiten „zugänglicher“ zu machen. Dies ist etwas schade, da die Tour für viele Leute auch frei gut machbar sein dürfte. Im Vergleich zu Taroc bestimmt einen guten Tick einfacher, vor allem auch weil athletische Aufschwünge weitgehend vermieden werden.

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