Bergell - Il Mosaico (Via Felici 6a und NE-Grat IV)

Nachdem wir am Vortag mit der Kombination von Lasciamili (6a+) und Spazza Alta (5c) die nominell schwierigere Route geklettert hatten, wollten wir heute unseren Besuch im Bergell mit dem "gut" abgesicherten Klassiker Via Felici (6a) gemütlich abschliessen. Schlussendlich wars kaum leichter als am Vortag und die Absicherung von ähnlicher Natur: die Risse weitgehend clean und Bohrhaken vor allem dort wo man nicht gut legen kann. Also perfekt für Trad-Aspiranten und schön, ja sehr schön ist die Route auch! Und dementsprechend beliebt...

Die Spazzacaldeira mit dem Routenverlauf des Via Felici (6a) und NE-Grat (IV).

Der Zustieg ist wieder praktisch trivial, 10min mit der ersten Seilbahn (7:00 Uhr) zum Fuss des Staudamms und dann 5min der betonierten Strasse folgen bis man zur ersten Kehre gelangt, wo man nach rechts wenige Meter zum markierten Einstieg absteigt. Im Juli kommt die Sonne bereits so zwischen 7:30 bis 8:00 Uhr in die Ostwand, was dann auch ganz gut passt.

Via Felici

Markierung am Einstieg

L1 5a
Plattiger Einstieg über eine nach links steigende Rampe. Fühlte sich schwieriger an als 5a (wobei ich ehrlicherweise den Unterschied zwischen einer 5a und 5b Platte nicht gut einschätzen kann), aber vielleicht lag es auch daran, dass ich etwas im Stress war wegen der drei Seilschaften hinter uns...Da konnte ich dann aber beobachten wie manche hier einfach hoch laufen - also doch 5a. Die Bohrhaken stecken in respektablen Abständen, aber an ein, zwei Orten in der rechten Rinne kann man noch verstärken. Zuletzt etwas steiler und strukturierter zum Stand.

Einstiegsplatte in L1 (5a), für manche noch Gehgelände...

L2 6a
Munter gehts weiter, Zeit zum Verschnaufen bleibt nicht, da unsere Verfolger dicht nachrücken. Zuerst noch entlang eines Risses begibt man sich bald wieder mit einer Linksquerung in plattiges Gelände und schlängelt sich an den wenigen Strukturen die es hier gibt hoch. Also für mich und 6a wars dann doch ein wenig ein anhaltender Eiertanz, dh. ich musste an mehreren Stellen innehalten und mal nach der besten Lösung suchen - und dann zum Teil sogar die Intensität etwas hochfahren. Auch zu schaffen machte mir der starke Seilzug, die Linie mäandert in dieser Länge ziemlich! Aber so kompakt wie der Fels ist, so schön ist er auch, tolle Länge!

Die ungute Kombination aus Seilzug und kniffliger Platte in L2 (6a).

L3 5c+
Ab hier entflieht man den anfänglichen Platten und begibt sich in griffig-steiles Gelände. Nach rechts weg sieht man bereits die tollen Risse hochziehen und sogar den einen oder anderen Bolt, also mehr wie fair (zu Beginn hat es ausserdem noch einen Fix-Cam). Es ist dann auch so steil wie es aussieht, aber die Griffigkeit der Risse und Schuppen hält die Schwierigkeit in Grenzen. Lediglich die Schuppen fühlen sich manchmal etwas dünn und hohl an, also besser nicht überall in Boulder-Manier anreissen...Zuletzt quert man über ein Band am besten direkt nach rechts zum nächsten Stand.

Rückblick auf die steilen Schuppen von L3 (5c+).

L4 5c+
Zuerst geht es etwas tricky los an flaring cracks (Risse die nach aussen aufgehen), aber danach begibt man sich in eine 1a-Handriss-Verschneidung wo man richtig satt jammen kann, aber auch zum stehen hat es in der Verschneidung immer wieder genug. Man könnte evtl. noch die nächste Übergangslänge anhängen, aber ob es mit 50m wirklich reicht hatten wir schlussendlich nicht getestet, aber es wäre sicher einen Versuch wert.

Die flaring cracks auf den ersten Metern von L4 (5c+).

L5 4c
Übergangslänge mit einem kniffligen Riss-Aufschwung aus dem Stand raus, danach Gehgelände bis zum Wandfuss.

Auftakt von der Übergangslänge L5 (4c). In der Wand dahinter kündigt sich bereits der diagonale Riss von L6 (6a) an.

L6 6a
Man könnte meinen die Crux besteht im Überwinden des kurzen Startüberhangs, aber es kommt in dieser Länge immer wieder besser. Zunächst wie gesagt sehr steil und athletisch an Henkeln (Vorsicht: einer war lose) und dann links haltend an allerlei Rissen und Griffen an die Kante. Hier wartet das nächste (selbst-abzusichernde) Problem in Form eines Risses der einen nach links ins luftige Nichts abzudrängen droht. Danach lässt es für ein paar Meter nach, bevor an seichten Rissen nochmal etwas Spannung geboten wird. Der Stand befindet sich zuletzt etwas versteckt auf der rechten Seite.

Die letzten plattigen Meter in L6 (6a). 

L7 4b
Im Zuge der Sanierung wurde diese Länge wohl etwas begradigt, somit fühlt es sich auch nicht gerade wie 4b an, schon eher wie die 5a aus der ersten Länge. Gemühtlich und nett ist es allemal, je nachdem wie viel man legt ist es aucqh mehr oder weniger run-out. Der Schussstand bietet dann den nötigen Raum für eine kleine Pause zum Jausnen und den Blick schweifen lassen.

Ausblick auf die grasigen Risse in L7 (4b).

NE-Grat

Vom letzten Stand der Via Felici geht man zuerst nach rechts und klettert dann einige Meter ab. Danach geht man wenige Meter weiter zur Grat-Wand und hält daran noch weiter nach rechts. Den ersten Stand in der Wand ignoriert man am besten, der NE-Grat befindet sich noch weiter rechts! Wir hatten nämlich nicht lang (genug) studiert und sind einfach hier eingestiegen. Im Plaisir Süd ist diese Länge nicht verzeichnet, es dürfte sich eben auch nicht um die weiter links angesiedelte Variante Nigg handeln.

Blick vom Ausstieg des Via Felici hinüber zum NE-Grat, wo man Leute in der richtigen Spur erkennt. Abenteuerlicher nach oben gelangt man etwas links davon, man sieht gut den off-width, der den höchsten Punkt spaltet. Wer etwas sucht findet auch den Mantle-Klemmblock auf ca. halber Höhe in Bildmitte.

Aber eigentlich hätte man sich bereits beim Blick in die Wand denken können, dass dies kaum 4er-Gelände ist...und in der Tat, statt entspannter Grat-Kletterei geht es hier nochmal recht abenteuerlich zu. Die Hakenabstände im unteren Teil schliessen einen Grounder in der ersten Crux nicht wirklich aus, die darin besteht sich in einem Körperriss auf einen hoch gelegenen Klemmblock zu manteln. Danach wirds wieder etwas besser, man kann  legen und findet auch noch einen bunten Mix aus BH, Ringhaken und NH. Für den Schlussteil gibt es zwei Varianten entweder rechts in eine Rissverschneidung queren oder links gerade hoch in einen off-width. Ich entschied mich geradeaus zu gehen um den Zug des mittlerweile gut 40m ausgefahrenen Seils nicht noch mehr zu erhöhen, allerdings war ich auch mit den Exen bereits ziemlich am Ende. Der finale off-width (6ab?) hat es dann nochmal in sich, äusserst steil und mühsam rampft man sich hier hoch, immerhin stecken die Ringhaken relativ eng, die auch als Notfalltritt in der glatten Wand einen guten Dienst erweisen.

Rückblick auf die erste Länge der NE-Grat-Rampen.

Zumindest hatten wir dem Grat durch unseren Abstecher bereits gute 50 Höhenmeter abgenommen, sodass jetzt nurmehr drei 50m-Längen mit leichter Kraxelei vor uns lagen. Diese sind zwar komplett clean (inkl. Stände), aber doch recht genussreich. Zunächst quert man über die losen Blöcke nach rechts und folgt dann stetig steigend einer Rampe dem Grat entlang. Der erste Stand besteht aus einer Schlinge an einem schuppigen Zacken und #0.75, den zweiten Stand machten wir nach einer offensichtlichen Rissverschneidung (#1), wo man einen Keil und #2 versorgen kann. Die letzte Länge geht dann bis zur gebohrten Abseilstelle. Sofern man nicht bei der Gipfelnadel anstehen will, kann man nach dem kurzen Abseilen bzw. Ablassen bereits die Wanderschuhe anlegen und den Abstieg entlang der Pfadspuren antreten. Die eine oder andere Kraxelstelle kommt noch, aber geht alles gut mit den boots.

Kurzgefasst

Spazzacaldeira - Via Felici + NE-Grat (6a bzw. IV) - 11 SL, 400m, Ruch 1982 / Sommer 1928
Material: 10 Express, 50m Einfachseil, Cams 0.3 - 2, Schlingen, evtl. mittlere Keile

Der Via Felici bietet ausgezeichnete, leicht erreichbare und damit sehr beliebte Granit-Kletterei durch die Ostwand der Spazzacaldeira, welche in Verbindung mit dem alpinen NE-Grat zum Gipfel der Fiamma führt. Beginnt der erste Teil noch recht plattig, so geben fortan Risse den Ton an, welche trotz regelmässiger Bohrhaken gern noch selbst abgesichert werden. Die Schwierigkeiten sind nicht allzu soft, was durchaus auch mit dem relativ frühen Erschliessungsdatum zusammenhängen könnte (aka "old school"). Gelegentlich sind auch fordernde Stellen selbst abzusichern. Der NE-Grat ist deutlich leichter zu klettern (sofern man den richtigen Einstieg erwischt), aber dafür sind hier alle Sicherungen, inklusive Stände, selbst einzurichten. Vom letzten Stand seilt/lässt man 10m ab und steigt dann über den Pfad Richtung Süden ab. Hier gibt es zuletzt noch eine Abseilstelle, die man bei trockenen Bedingungen aber auch ganz gut abklettern kann.

Kommentare

  1. Nach Konsultation des SAC-Führers dürfte die Verhauer-Länge zu Begin des NE-Grats zur Route "Coco Driller" gehören. Diese ist mit 6a bewertet, sofern man im oberen Teil die Abzweigung unter dem Dach nach rechts nimmt.

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  2. Der Name "Il Mosaico" bezeichnet die Kombination der beiden Routen "Via Felici" und "NE-Grat".

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