Schafberg - Tausendfüessler 6b+

Im Frühjahr zählen bei der Routenwahl wegen der kurzen, noch kühlen Tage vor allem gute Erreichbarkeit und sonnige Exposition. In dieser Hinsicht bietet die Schafbergwand bei Wildhaus sehr gute Voraussetzungen. Dazu kommt noch der meist bombige Kalk, der hier die Grundlage für viele sehr schöne Linien durch die Steilplatten bildet. Somit kann man hier vortrefflich das Vertrauen in die Sohlen sowie die Coolness über dem Haken nach dem Winter-Hallentraining auffrischen. Diesmal rückten wir für den kürzlich sanierten Tausenfüssler (9 SL, 6b+) an, der durch den östlichsten Teil der Schafberg Wand führt und entgegen der vorherrschenden Dominanz der Platten auch mit einigen sehr griffigen Längen entlang von Rissverschneidungen aufwartet.

Blick auf die immer wieder imposante Schafbergwand.

Den Zustieg absolviert man von Wildhaus (P.1098) kommend zuerst recht flott über den Weg nach Gamplüt und weiter Richtung Alp Fros, wobei man kurz vorher (bei 
47.21525°N, 9.34959°E) den Weg Richtung NE verlässt. Also nicht Richtung N dem Zaun folgen, da gelangt man nämlich zum westlichen Sektor "Eremitensohn". Leicht ansteigend überquert man die Wiese und findet an deren Ende das Tor durch den Zaun und die Wegspuren durch das Geröll zur Wand. Nun quert man entlang der gesamten Wand bis zum Einstieg, der sich ca. bei 47.22002°N, 9.35640°E auf 1500m Seehöhe befindet. Da man beim Abstieg aber über den Sandührli-Sektor zurückkommt, macht man am besten bereits bei der Zustiegs-Rampe mit dem roten Punkt Depot.

L1 5c+
Einstieg über eine Stufe, welcher je nachdem wie nah man dem ersten Haken bleibt leichter oder schwerer vonstatten geht. Danach quert man die luftige Rampe nach links, wieder gilt: je nachdem wie tief oder hoch man klettert, gehts leichter bzw. schwerer. Insgesamt eine recht gutmütige Länge.

Querung auf der Rampe in L1 (5c+).

L2 6a+
Hier geht es bereits steiler zur Sache: eine senkrechte Verschneidung möchte erobert werden. Zuerst geht es an schönen Strukturen recht gut in einer Mischung aus Wand und Verschneidungs-Kletterei voran, allerdings wirds am Ende der Verschneidung nochmals knifflig, da plötzlich die guten Griffe ausbleiben und man eher in die Riss-Kletter-Trickkiste greifen muss. Die Hakenabstände fühlen sich gerade richtig an, das heisst man fühlt sich nie arg ausgesetzt, aber klettern muss man hier zwischen den BH auf jeden Fall. Der letzte Teil der Länge führt dann leichter durch gestuftes Gelände bis zum Stand.

Steile Verschneidung in L2 (6a+)

L3 II
Am besten hängt man dieses kurze Übergangsstück an die vorherige Länge an.

Übergangs-Querung in L3 (II)

L4 4b
Zuerst folgt man einer schmalen Rampe nach links durch die Wand bis zu einem steilen Aufschwung, der die Crux darstellt, denn danach kommt man auf ein grosses Band auf dem man weiter nach links den nächsten Stand an der Wand erreicht (es gibt zwei, der zweite, weiter westlich gelegene gehört zum Tausendfüssler).

L5 5c
Steil turnt man hier zuerst an Schuppen und danach entlang einer rampigen Verschneidung empor. Die Kletterei ist recht homogen, nie besonders schwer, aber auch nie ganz einfach. Insgesamt eher nicht leichter als L1. Das eine oder andere Grasbüschel spriesst hier, aber das stört den Kletterfluss kaum. Zuletzt noch luftig um die Kante - sofern man nicht unter einer Legföhre durchkriechen will.

Schuppiger Auftakt in L5 (5c).

L6 6b
Puuh...heftig plattiger Start aus dem Stand raus, gar nicht einfach! Danach links haltend weiter eher plattig steigend hoch, aber deutlich gutmütiger. Zur Abwechslung überquert man dann kurz einen henkeligen Bauch, bevor es nochmals plattig zum Stand geht. Die hohle Schuppe, welche im Topo erwähnt wird, wurde übrigens im Nachstieg zumindest zum Teil abgeräumt...Bemerkung: es ist möglich vom Stand der L6 abzuseilen, allerdings mit recht viel pendeln.

Gewohnt plattig in L6 (6b), ausserdem sieht man das griffige Dächlein auf halbem Weg.

L7 6b+
Eindrucksvolle Länge, die einem dank einer äusserst ungewöhnlichen Abwärts-Querung im letzten Teil gut in Erinnerung bleibt. Zunächst geht es nicht allzu schwer in die Höhe, bevor man den sehr eng gesicherten Quergang erreicht. Die Challenge ist also mehr (kletter-)technischer als mentaler Natur. Die Crux besteht in der Querung einer ziemlich blanken Stelle, wobei gute Planung und anschliessend weites Verlagern des Gewichts auf den nächsten guten Tritt gefragt sind. Grosse Leute sind hier wohl im Vorteil...

Quergang mit Abklettern zum Stand nach Platten-Crux in L7 (6b+)

L8 6a+
Über einen kurzen Aufschwung gelangt man in den langen Piaz-Riss, der so lang und anhaltend ist, dass man im Flow durchaus am Stand vorbeiklettern kann (einer der Standhaken ist ausserdem rechts in der Wand und somit nicht unbedingt im Sichtfeld). Richtig schwer wird der Piaz nicht, weil einerseits der Riss sehr griffig ist und andererseits immer wieder gute Dellen für die Füsse kommen. Falls es aber feucht sein sollte, dann könnte es hier schon ungemütlich werden, da dann wohl der Reibungskoeffizient der hier vorherrschenden Staub-Flechten-Mischung drastisch sinkt. Ausserdem hat es leider in der Verschneidung ein paar lose Blöcke, die man besser nur vorsichtig belastet, immerhin ist der Stand etwas ausserhalb der Schusslinie.

Piaz, piaz und nochmal piaz in L8 (6a+).

L9 6b+
Es wird gemunkelt, diese Länge könnte sogar 6c sein...nun ja, die Crux ist sicher der finale, Überhang zum Stand, aber das ging sogar uns Nicht-Athletikern auf Anhieb. Von demher passt wohl 6b+. Die Plattenstellen in L6 und L7 waren gefühlt mehr am Limit. Egal, zuvor muss man nämlich noch den Riss fertig piazen und dann hat man an einigen Henkeln im Überhang erst nochmal Zeit sich Überblick zu verschaffen. Sobald der Plan steht, heisst es entschlossen durchziehen und schon ist es geschafft.

Potentieller Onsight-Spoiler kurz am Ende von L9 (6b+).

Das Abseilen verläuft abseits der Route, zuerst 30m an die Kante, dann nochmals 30m und 50m in eine grosse Rinne. Von hier könnte man zum Einstieg des Garten Eden abklettern, oder man seilt nochmals mühsam 40m durch die Rinne ab. Nach einem kurzen Gehstück steigt man entweder über die schmale Rampe west-wärts ab zum Depot oder seilt besser nochmal exakt 25m ab (Stand mit zwei Schnapp-Karabiner).

Kurzgefasst

Wildhuser Schafberg - Tausendfüessler 6b+ (6a+ obl.) - 9 SL, 280m, Amann & Schallert 1984

Abwechslungsreiche und schöne Tour für Frühling/Herbst mit ungewöhnlich viel griffig-athletischer Kletterei entlang von Rissverschneidungen. Auf die orts-üblichen Plattenstellen muss nicht verzichtet werden, aber sie sind längst nicht so dominant wie in anderen Routen hier. Seit der Sanierung 2017 durch Amann und Küng steht es nun recht gut um die Absicherung, dem lokalen Standard entsprechend natürlich. Man sollte nach Regen einige trockene Tage abwarten, damit die Verschneidungen nicht nass sind. Das Abseilen erfolgt über eine separate Piste mit Abstieg durch den Sektor "Sandührliweg".


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