Balmflue - Südgrat (5c+)

Da das Wetter in den Bergen keine grösseren Unternehmen zuliess, aber im Nord-Westen trotzdem recht stabile Verhältnisse vorausgesagt wurden entschieden wir uns für eine der wenigen langen Touren im Jura. Besser gesagt für die längste, nämlich den 450m langen Balmflue Südgrat. In der Vergangenheit hatte ich diese Tour meist überblättert, da es bessere Alternativen zu dieser von zahlreichen Wald- und Wiesenstellen unterbrochenen Route gab. Ausserdem zeichnet sich diese Tour nicht gerade durch Exposition und anhaltende Schwierigkeiten aus, was aber von vielen Leuten noch geschätzt wird, u.a. von meiner Freundin. Ich wurde auf jeden Fall eines Besseren belehrt, denn wir hatten einen super Tag, gekrönt von der traumhaften Aussicht auf den Solothurner Jura, die man am Top geniesst!

Blick aufs Solothurner Mittelland, rechts oben das Balmfluechöpfli.

Die Beschreibung im Plaisir-Jura verspricht gute Absicherung bei alpinem Charakter, bedenklicher fanden wir allerdings die Anmerkung "beliebt", vor allem auch weil wir an einem Sonntag unterwegs waren. So versuchten wir unser Glück mit einem frühen Start und liefen um 6:50 Uhr beim Parkplatz Oberrütten los. Dem kontinuierlich steigenden Wanderweg folgend erreicht man auf ca. 820hm eine Spitzkehre wo man den Schildern Richtung Osten folgt. Man folgt dann immer auf ca. gleicher Höhe den Pfadspuren und roten Punkten bis man schliesslich an einer Leiter eine Felsstufe abklettert. Kurz darauf gelangt man auch schon an den westlich ausgerichteten Einstieg (47.251021°N 07.542921°E), der mit einem Muniring gekennzeichnet ist.

Leiter am Weg zum Einstieg

Scheinbar hatten wir es tatsächlich als erste Seilschaft um 7:25 Uhr an den Einstieg geschafft und wir machten uns sogleich parat. Währenddessen traf aber auch schon das nächste Team von Günsberg kommend ein. Da wir aber statt dem Originaleinstieg (4c) den alternativen Einstieg über die "Treppe" (6a) klettern wollten kam es (vorerst) nicht zu Gedränge.

L0 6a (Treppe)
Um die pole position zu verteidigen startete ich sogleich voraus, zuerst nach rechts an guten Löchern über den horizontalen Wulst und dann wieder zurück nach links um unter dem grossen Felsbauch durchzuqueren. Hier wartete dann allerdings der showstopper, der noch recht streng ausfällt für 6a. Auf glatter und abschüssiger Trittfläche muss man nur an einem Zweifinger-Loch festhaltend irgendwie weit auf die linke Seite gelangen und dann nochmals ein paar strenge Züge machen bevors nachlässt. Zum Stand hat es viel Geröll, also erhöhte Steinschlaggefahr. Der Leader des anderen Teams war mittlerweile über den 4c  Einstieg vor mir an den Stand gelangt, aber es hat hier sehr viel Platz, also kein Problem. Wir mussten uns auch nicht absprechen wer nun besser vorangeht, denn während Miri nachkam hatte sich just in der Crux ein Express dermassen unwahrscheinlich dumm ausgehängt, dass sie freihängend weder vor noch zurück kam. In dieser Zeit überholte uns bereits die nächste Seilschaft...was für ein Verkehr hier X) Nachdem ich Miri abgelassen und selbst abgeseilt war, stiegen wir ebenfalls über die 4c ein.

Die nicht so gängige Treppe (6a deftig).

L1 4c (Südgrat)
Hatte der Verhau in der Treppe eine Stunde gekostet, so war der Originaleinstieg innerhalb von wenigen Minuten erledigt. Über ein paar Stufen kraxeln und den Rest der Länge zum Stand laufen...

L2 5c
Schöne, griffige Seillänge entlang von Rissen. Die Absicherung für diese Art von Kletterei auf jeden Fall ausreichend, man könnte bei Bedarf mit Friends auch nachbessern. Gegen Ende der Seillänge kreuzt man die Südgratverschneidung deren Spreiz-Kamin ein lohnendes Finish darstellt (statt links am Pfeiler entlang). Mit einem 70m Seil kann man gut weiter links haltend zum Cable gehen, wobei man zwischendurch eine steile Stelle abklettern muss.
  
Griffiges Gelände in L2 (5c)

L3 Cable/3c und L4 5a+
Die Querung entlang des Cables ist noch recht eindrücklich, der Fels ist so glatt wie steil, sodass man durchaus noch kräftig auf Gegendruck am Kabel rüberhangelt. Danach geht es durch etwas bröckelig-gestuftes Gelände (3c) weiter, bevor der Fels in der nächsten Länge dann wieder kompakter wird (5a+). Diese beiden Längen lassen sich wieder gut zusammenhängen.

Blick zurück in die Querung von L2 zum Cable.

L5 6a+
Da wir eine der beiden Seilschaften bereits wieder eingeholt hatten beschlossen wir an dieser Stelle statt dem Südgrat (L5 3b und L6 5a+) der Südgratverschneidung (6a+) zu folgen. Zuerst geht es rechts über den kompakten Fels hinauf, bevor dann die Crux als Überwindung eines steilen Aufschwungs über einer kleiner Höhle folgt. Hier ist entweder ein Griff ausgebrochen oder es wird in der Südgratverschneidung ein deutlich anderes Mass angelegt. Ich konnte die Stelle auf jeden Fall nicht "auf die Schnelle" freiklettern und als wir nach drei Versuchen bereits die ersten Nachfolger vernehmen konnten, zögerte ich die Sache nicht länger hinaus. Der obere Teil ist dann wieder deutlich einfachere Wandkletterei, so hätte ich mir das eher vorgestellt...Oben kann man dann noch einige Meter dem Weg folgen und an einem Baum Stand machen. Man übersehe dabei nicht die Abzweigung nach links unten (mit grünem Strich markiert) ins Couloir über das man an den Stand des 5c+ Quergangs gelangt.

Beginn von L5 (6a+), links Südgrat, rechts Südgratverschneidung.

Couloir
Zu Beginn kraxelt man querend noch an 2 BH vorbei, bevor es dann zu Fuss an die Wand gegenüber geht, wo man nach kurzer Suche auch die Standhaken von L7 (5c+) entdeckt.

L7 5c+
Zuerst geht es speckig-griffig über den Abgrund nach links hinaus, die Querung danach recht harmlos. Am Ende der Querung steigt man die Platte in eine Verschneidung hoch, idealerweise hängt man hier nach dem Klippen des oberen Haken den unteren Haken für den Nachsteiger wieder aus. Die Crux besteht darin am Ende der Speckplatte dieselbe nach links zu verlassen. Sofern man noch Seil übrig hat, kann man gleich weiter zur Studernase laufen, oder zwecks besserer Kommunikation den vorgesehenen Stand verwenden.

L8 5c+ und L9 4c
Die Studernase ist ein schattig-steiler Wandteil, an dessen Einstieg man in einer kleinen Höhle das Wandbuch vorfindet. Hier gibt es wieder verschiedene Möglichkeiten für den weiteren Verlauf. Gerade hoch (5c+, wohl Teil der Südgratverschneidung) oder auf halbem Weg an Untergriff-Schuppen nach rechts raus, oder überhaupt viel weiter links den steilen Wandteil vermeiden (5a+), oder gar einfach aussen rumlaufen. Wir entscheiden uns für die "kühne" Linie geradeaus und treffen hier tatsächlich auf einige recht deftige Züge, die durch die vorherrschende Nässe und den Speckschliff recht fordernd ausfallen. Am Limit erreiche ich den rettenden Henkel, danach geht es gemühtlicher den Rest der Wand hinauf. Zusätzlich hängen wir noch L9 (4c) an, die einen nochmals über ein kurzes, aber kompaktes Stück Fels führt. Wiederum bieten sich die zahlreichen Bäume am Weg zum Stand machen an.

L10 (5b)
Vom Baumstand steigt man am Ende noch ein paar Schritte nach links-unten an den nächsten Wandteil ab (wieder grün markiert). Hier folgt wieder eine schöne Sequenz an Rissen, die man zu Beginn piazend überwindet, bevor man sich wieder ganz der Wand zuwenden kann. Hier fühlte sich die Absicherung etwas weiter an, aber ohne einem den Angstschweiss auf die Stirn zu treiben. Notfalls lässt sich auch hier wieder selbst legen. Am Ende der Seillänge nochmals eine schöne Platte, danach kann man noch etwas ins Gehgelände ziehen und wieder einen Biostand einrichten.

L11 4b und L12 3b
Über einen kurzen Aufschwung gelangt man um die Kante in die 4b Platte, die wieder schön kompakten Fels aufweist. Das 3b Stück danach ist eher Gehgelände entlang eines gratigen Stücks, das direkt in den nächsten Wandteil mündet. In diesem Link fühlten wir den Seilzug recht fest, da es hier um allerlei Ecken und Kanten geht.

Blick zurück in L12 (5b)

L12 5b
Wieder eine lohnende, flowige Seillänge durch einen kompakten Wandteil, der in einem kleinen Mini-Gipfel endet. Der Abstieg von hier ist als "Katzensprung" bekannt, es empfiehlt sich aber trotzdem zuerst etwas abzuklettern und erst dann auf die andere Seite zu "springen". Sieht zu Beginn durchaus eindrücklich aus, stellt sich schlussendlich aber als gutmütig heraus. Danach geht es noch etwas durch alpin angehauchtes (sprich bröckelig-bröselig) Kraxelgelände an dessen Ende noch ein paar felsigere Züge zum Stand warten.

Mini-Gipfel vorm Katzensprung in L12 (5b) 

L13 5c und L14 4c
Die letzte "schwere" Länge durch eine griffige Wand, im Vergleich zum Standard der Südgratverschneidung aber fast schon trivial. Danach gräbt man sich durchs Gelände zum Teil der grossen Verschneidung entlang hoch und gelangt so an den finalen 4c Aufschwung. Hier ist der Seilzug bereits enorm, aber die Griffe so zahlreich und der Fels kompakt genug, dass ein Fortbewegen noch möglich ist. Fünf Meter vor dem Ausstieg ist dann aber auch das 70m-Seil aus, sodass Miri noch etwas nachkommen muss. Hier oben lässt es sich wieder gut an einem Baum Stand machen und bei herrlichem Ausblick nachsichern.

Am Besten geniesst man direkt am Ausstieg (oder etwas daneben, um den anderen Seilschaften nicht im Weg zu sein) die Aussicht, selbst wenn der höchste Punkt erst auf dem Weg zurück am Balmfluechöpfli erreicht wird. Allerdings ist man dort alles andere als allein, ist dies doch der Zielpunkt für zahlreiche Wanderer.

Kurzgefasst

Solothurn - Balmflue Südgrat 5c+ (5b obl.) - 14 SL, 450m, B. David und W.Studer 69-73
Material: 50m Seil, 10 Express, evtl. Friends #0.75 - #1 und Keile

Allein ist man am Balmflue Südgrat meist nicht, schon gar nicht an einem Sonntag. Viele Leute schätzen diese gut erreichbare, lange Tour im Wald des Solothurner-Jura, nicht zuletzt wegen der zahlreichen schönen, wenn auch etwas alpinen Kletterstellen.

Der Einstieg ist etwas gegen Westen geneigt, sodass man hier zumindest am Morgen noch lange angenehm kühl im Schatten klettert. Die Bäume und das manchmal fast schluchtartige Gelände tragen das ihre zur Kühlung bei. Da auch der Absteig vom Wald geschützt ist, eignet sich diese Tour auch für heisse Tage.

Unterbrochen von einigen Gehpassagen findet man meist kompakten Fels, der sich vor allem durch Riss- und Wandkletterei auszeichnet, vereinzelt wirds auch kurz etwas plattig. Vor allem an den Schlüsselstellen findet man deutliche Gebrauchsspuren am Fels vor. Die Varianten "Treppe" und "Südgratverschneidung" sind weniger abgeklettert, allerdings ist hier die Bewertung auch deutlich härter ausgefallen.

Öfters lassen sich mit einem entsprechenden Seil (wir hatten 70m) auch Längen zusammenhängen bzw. simultan klettern (L3+L4, L8+L9, L11+L12, L13+L14). Die Absicherung ist der Schwierigkeit entsprechend gut ausgefallen, zusätzlich könnte man in den Rissen mit mittleren Friends nachrüsten.

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